Impressionen aus Nord-Vietnam · 19. – 26. März 2012

Impressionen – Simon Eugen Siegrist

Schreiber im Jadebergtempel-Hanoi

Während den sechs Tagen in Nord-Vietnam, habe ich im Tourismus-Geschäft keine einzige ältere Person gesehen, weder in Hotels noch unterwegs. Alle waren junge Leute, beiderlei Geschlechtes, die gut geschult, dynamisch und aufgestellt, stets mit einem Lächeln im Gesicht, ihren Dienst versahen. Erstaunlich. Eine junge intelligente Garde, die vom Regime perfekt ausgebildet, ein neues Antlitz von Vietnam schaffen. Bei allem guten Willen und bei aller Dienstbefliessenheit, kam ab und zu noch die mangelnde Erfahrung zum Vorschein, was dem Gesamtbild jedoch keinen Abbruch tat.

Ein Lob: Sie sind auf einem guten Weg und sie werden es schaffen. Nirgends auf der Welt, fand ich bis heute soviel Freundlichkeit, Anstand und Korrektheit. In vielen anderen Ländern muss der Besucher auf der Hut sein, dass er nicht hintergangen, betrogen und ausgebeutet wird. Das Hotelpersonal und die Guide nahmen kein Trinkgeld entgegen. Jeder Versuch wurde diskret zurück gewiesen. Auch was die Sauberkeit im Allgemeinen betrifft, die Strassen und Gassen sind sauber, kein herumliegender Plastik, keine stinkenden Abfälle. Viele Länder könnten das aktuelle Vietnam als Vorbild nehmen und vielen Menschen täte eine sogenannte kommunistische Um- und Nacherziehung gut bis sehr gut.

Ich habe jahrelang mit Menschen gearbeitet, mit ihnen ihren Mangel aus Erziehung und Kindheit aufgearbeitet, quasi aus ihnen lebensfähige, würdige Menschen gemacht. Es gelang nicht immer. Es ist eine Freude für mich, in diesem Vietnam junge Menschen zu treffen, die meinem Menschenbild aus früheren Jahren entsprechen. Menschen, die Lebensfreude ausstrahlen, die offensichtlich das Lust- und das Pflichtprinzip in Einklang bringen. Auch das ein Anliegen, das ich in meinen Seminaren über viele Jahre vermittelte.

Natürlich sind das erste Eindrücke. Ob sie Bestand haben und allgemeine Gültigkeit haben, müsste über längere Zeit beobachtet werden. Jedenfalls werde ich Vietnam wieder besuchen. Das nächste Mal für längere Zeit.

Hanoi

Eine freundliche, perfekte Organisation kann zugleich eine perfekte Kontrolle sein. Das erfuhren wir auf unserem Ausflug in die Berge Nord-Vietnams. Schon die nächtliche Zugfahrt von Hanoi nach Lào Cai mit dem King Express war ein perfekt organisiertes Abenteuer. Ein Angestellter des Hotels brachte uns im Taxi zum Bahnhof, besorgte alle Formalitäten und begleitete uns ins Abteil des Schlafwagens, der aus französischen Kolonialzeit stammte. Vier harte Schlafpritschen für zwei Personen. Selbstverständlich brauchten wir unser Gepäck nicht selber zu tragen und genau so selbstverständlich wurde das gebotene Trinkgeld abgewiesen. Und nochmals so selbstverständlich wurden wir an der Bergstation abgeholt und mit dem Taxi über eine Stunde bergwärts, mit fantastischen Ausblicken auf die Reisterrassen und Täler, in unser Hotel Royal View in Sapa gefahren (Temperatur um die null Grad), wo morgens um halb sieben das Frühstück für uns bereit stand. Anschliessend konnten wir unser Zimmer beziehen – ohne Heizung, dafür ein warmes Bett mit Heizkissen.

Sa Pa - Samstag-Markt

Beim Besuch eines Bergdorfes, in der Umgebung von Sapa (1600m ü.M.) wurden wir von einheimischen Frauen belagert, die ihre selbstgemachten Produkte anboten. Bald hatten wir ein Gefolge von 12 Frauen, teils mit ihren Bébés auf dem Rücken, Schwangere und Jungfrauen, die ohne Vermählungs-Brosche in den Haaren, sich selber anboten. Dazu eine hochbetagte, behinderte Urmutter, die ebenfalls um Abnahme ihrer Waren bettelte. Ich gab ihr spontan einen USDollarschein (20.000.- Vietnam-Dong), den sie dankbar und gestenreich entgegen nahm. Darauf setzte sie sich etwas abseits auf einen Stein, um auf die nächsten Besucher zu warten. Auf dem Rückweg zeigte sie sich nochmals sehr dankbar und bot Anita, schiergar ehrfürchtig, die Hand.

Eine blutjunge Jungfrau lief beständig neben mir her und berührte mich immer wieder. Unerwartet bekannte sie: „I Love You!“. Auch das noch! Immerhin ist es gut möglich, dass ein zur Frau reifendes Mädchen den Grossvater liebt.

Es war eine eigenartige Inszenierung. Keine Männer im Dorf. Frauen und Mädchen, in ihren Trachten und teils mit ihren Trag-Körben am Rücken – eher Folklore als echtes Dorfleben. Kaum möglich, dass die Frauen, der für die Besichtigung der beiden dafür freien Dörfer, nichts anderes zu haben, als tagtäglich die interessierten Besucher zu begleiten um ihren Krimskrams anzubieten. Einsicht ins Dorfleben bekamen wir nicht. Keine Aufklärung wie sie leben und wohnen. Die Dörfer wirkten wie ausgestorben.

Dorf - Bewohner

Am Dorfrand standen dutzende Kleinbusse, die auf die Besucher des Tales mit den beiden Dörfern warteten, um sie wieder nach Sapa zurück in ihre Unterkünfte zu bringen. Alles perfekt organisiert. Kleinbusse bringen die Besuche mit ihrem Guide zum Anfang des Tales, wo sie auf einem leichten, mehrstündigen Trekking auf Naturwegen die beiden Dörfer besuchen können. Jeder Gruppe im Gefolge einiger Frauen. Am Ende des Tales dann, die wartenden Busse. Die Landschaft mit ihren Reisterrassen ist traumhaft schön. Die idealste Besucherzeit soll der Oktober sein, wenn der Reis geerntet wird und die Landschaft von der Sonne durchglüht ist.

Reisterrassen

Der Ausflug zur Ha Long Bucht war ebenso perfekt Organisiert wie jener in die Berge. Die Tour begann mit einer verwegenen, vierstündigen Fahrt ab Hanoi durch die fruchtbare und vorbildlich bewirtschaftete Ebene mit unendlichen Reisfeldern und Gemüsekulturen. Überall arbeitende Bauern. Die Strassen vorwiegend gut. Die Fahrweise des Drivers waghalsig, risikoreich aber gekonnt, das Steuer fest in der Hand. Die gleiche Fahrweise in Europa würde für einen dauerhaften Führerscheinentzug genügen. Wir kamen Heil im Hafen Hon Gai an und konnten nach kurzem Warten einschiffen. Eine Dschunke aus der Franzosen Zeit, gut erhalten und gepflegt. Wir wurden, im ganzen 16 Personen, freundlich aufgenommen. Auch hier junge, hilfsbereite Menschen, die uns verwöhnten. Das Essen gut, reichlich, ja verschwenderisch. Obwohl lediglich 2. Klasse gebucht, wurden wir in die beste 1. Klass-Luxuskabine eingewiesen.

unsere Dschunke

Ich, als weisshaarig betagter Europäer, kam in eine ungewohnte Welt von Verehrung und Bewunderung. Fünf ältere Chinesen wollte jeder von ihnen mit mir zusammen fotografiert werden. Wenn ich kam, stand immer einer von ihnen auf und bot mir seinen Platz an. Ihre junge, englisch sprechende Begleiterin musste mich nach dem Alter fragen. Ungläubiges Staunen. „Are You Happy?“ Gewiss bin ich glücklich. Ich habe ein erfülltes Leben gelebt. Meine Strahlung hat für diese Menschen keinen religiösen Hintergrund. Es ist die Strahlung eines guten, gelungenen Lebens. Für sie, ein Strahlen der Weisheit auch. Als Kind westlicher Erziehung kann ich darüber nur stauen, akzeptieren und dankbar entgegen nehmen. Es ist für diese Menschen selbstverständlich, dass sie dem Alter derart freundlich begegnen. Welcher Widerspruch gegenüber dem Christlichen Kulturkreis mit der weitverbreiteten Brutalität dem Alter gegenüber. Für uns war alles ungewöhnlich.

DSC08967

Auch eine Gruppe von fünf Audis suchte den Kontakt.

Zwei junge Paare, eines aus England, das andere aus Deutschland, gehörten zu unserer Kleingruppe mit denen unterhaltsame Gespräche möglich waren.

Überraschend war auch die Weinkarte mit den besten Weinen aus der ganzen Welt. Wunderbar, ich freute mich auf einen guten Schluck! Leider fehlten die Weine dazu. Den einzigen Roten, den sie führten, war untrinkbar. So etwas wie als Wein etikettierter Essig.

Der Gewässerschutz steckt offensichtlich noch in Kinderschuhen. Einige Schiffe fuhren für die Übernachtung in eine geschützte Bucht und gingen vor Anker. Bald schwammen auf dem Wasser Abfälle, Fäkalien, das Wasser trübte sich und begann nach Abort zu riechen. Sehr unangenehm. Unweit ein kleiner, idyllischer Badestrand. Ein beliebtes Ausflugsziel der Einheimischen, wurde uns erklärt. Besten Dank.

Ha Long Bay

Die Landschaft hingegen bot ein herrliches Szenario. Nebel kam auf. Erste leichte Windböen, die auf einen Sturm hinwiesen. Wir hatten genügend Zeit, um an Land zu kommen, in den Kleinbus zu steigen und zurück nach Hanoi zu fahren.

Unsere Laune blieb ungetrübt. Wir genossen die Lebensfreude und das quirlige Lachen des jungen Vietnams.

Reisehinweise und Vorbereitungen.

Visa approval letter (muss beim Einchecken vorgewiesen werden). via Internet: Vietnam-visa.com. Kosten USD 18.25 pro P. Zeitaufwand: 3 Werktage. Nur nötig, wenn noch kein Einreise-Visum vorhanden ist.

Visa on arrival: Ein 6 Monate über das Ausreisedatum hinaus gültiger Reisepass.
Kosten p.P. 25.– USD in bar und 1 Passfoto. (Der ganze Prozess ist in wenigen Minuten erledigt).

Hotel im Stadtzentrum: Hanoi Amanda Hotel ***, pro Tag USD 45.– (Booking.com)
Ausflüge: Reiseservice des Hotels.

Abholdienst vom Flughafen durch das Hotel.

Flugticket: Vietnam Air, Air Asia (Billigflug) und andere. Flugdauer, BKK – Hanoi, 1 Stunde, 50 Minuten. Wir buchten Vietnam Air.

Ha Long Bay

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